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Letzte Änderung:
Dienstag, 29. August 2006 

Reinhold Zitzelsberger Webmaster

 

Praxisbesuch Henkel
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Praxisbesuch:

Mangelhafte Gefahrgutfahrzeuge werden zurückgewiesen

- Besuch bei den Firmen Henkel und Cretschmar -

 

Die Beförderung gefährlicher Güter muss so sicher wie möglich sein! Man muss dabei aber immer wieder feststellen, dass die auf „wissenschaftlicher Basis“ oftmals entstandenen Vorschriften in der Praxis kaum durchzuführen sind. Die Theorie auf der einen Seite und die praktische Durchführung auf der anderen Seite – dazwischen liegen oft Welten.

Viele haben eine Verpackungsprüfung noch nicht „live“ gesehen, auch bei der praktischen Durchführung der Ladungssicherung gibt es unterschiedliche Auffassungen. Letztendlich ist eine ausgefeilte Logistik erforderlich, um eine sichere Beförderung gefährlicher Güter zu gewährleisten.

Der mic-Kongress-Service führt seit Jahren sog. „Praxisseminare“ durch, in denen Theorie und Praxis zusammen kommen. Am ersten Tag wird „theoretisch“ referiert und diskutiert. All das, was am 1. Tag aufbereitet wurde, wird am zweiten Tag in der Praxis durchgeführt. Sie werden dabei sein, wie Verpackungsprüfungen durchgeführt werden, wie eine Ladung gesichert wird und wie die Transportdokumente erstellt werden.

So wurde am ersten Tag eine „Gefahrgut-Kette“ durchgespielt, angefangen von der Organisation beim Absender, Verlader (Referent Dr. Thomas Arenz, Scheren Logistik GmbH), den Verantwortlichkeiten beim Klassifizieren, Verpacken und Verladen (Referenten Peter Menke, Jürgen Pagel – beide Henkel) bis hin zur Durchführung der Beförderung (Jürgen Beck, Schenker Deutschland AG) gab’s viele Informationen von Praktikern.

Jürgen Pagel referierte, dass im ADR im wesentlichen juristische Personen (Unternehmen genannt sind, gemäß deutschem Ordnungswidrigkeitenrecht ist jedoch nur eine natürliche Person zu belangen. Somit wird deutlich, dass vorab eine klare Delegation der Aufgaben und Pflichten innerhalb des Unternehmens erfolgen muss. Besonders deutlich wird dies beim Studium der Gefahrgutbeauftragtenverordnung. Eine klarere Aufsplittung der Pflichten auf Beteiligte ist daher auch im § 9 GGVSE erfolgt.

Auch wenn Teilaufgaben durch externe Partner wahrgenommen werden, sind Verantwortliche zu bestimmen, da zur Übertragung der Verantwortung an Externe ein Auswahl- und Kontrollverschulden ausgeschlossen werden muss. Diese Auswahl und Kontrolle ist durch einen verantwortlichen Mitarbeiter im eigenen Unternehmen sicherzustellen.

Die Pflichten, welche bei den vorbereitenden Tätigkeiten relevant sind, finden sich in erster Linie beim Auftraggeber des Absenders (im ADR der Dritte, welcher dem Absender einen Auftrag erteilt vgl. 1.4.2.1.3 ADR), dem Verpacker, Befüller und dem Absender zugeordnet. Somit ist ein Ziel der Organisation klar vorgegeben: Für alle genannten Pflichten sind Verantwortliche im Unternehmen zu benennen. Die Prozesse sind so zu organisieren, dass diese in die Lage versetzt werden, ihre Pflichten zu erfüllen (z.B. Informationsfluss, Weisungsbefugnis, Delegation der physischen Bearbeitung, Schulung etc.).

Über das Thema hat Dr. Thomas Arenz schon unzählige Male referiert und mittlerweile ist es fast so, dass man alle Infos aus dem Internet bekommen kann; manchmal bekommt man sogar zu viele Informationen, beispielsweise über die Suchmaschine „Google“ gibt es 150.000 Eintragungen zum Stichwort „Gefahrgut“. Hingewiesen wurde auch auf aktive Gefahrgutforen, z.B. das von Klaus Ridder www.gefahrgutridder.info → Gefahrgutforum. Hier kann man Fragen stellen und bekommt schnell eine Antwort.

Für den Beförderer ist es wichtig, geeignete Fahrzeugführer zu finden. So erstellt Jürgen Beck jedes Mal eine Abfrage nach einer Art Check-Karte über die Eignung eines Fahrzeugführers (siehe Kasten).

 

 

Auswahl geeigneter Fahrzeugführer

  • Persönliche Anforderungen an einen Fahrzeugführer (Abfrage)
  • - Deutschsprachig in Wort und Schrift
  • - Keine Vorstrafen
  • - Ehrlichkeit
  • - Fleißig
  • - Gepflegtes Äußeres
  • - Vernünftiger Umgangston
  • - Mitdenken können
  • - Fähigkeit, zu Kunden eine partnerschaftliche Beziehung aufbauen zu können
  • - Gewissenhaftigkeit
  • - Verantwortungsbewusstsein
  • Fachliche Anforderungen an einen Fahrzeugführer (Abfrage)
  • - Führerschein
  • - ADR-Bescheinigung mit Aufbaukurs Klasse 1
  • - Ortskenntnis
  • - Seminar Ladungssicherung
  • - Technische Kenntnisse des Fahrzeugs/Behälters
  • - Arbeitsschutzkenntnisse
  • - Fahrertraining
  • - Staplerschein
  • Praxis go-go

    Der zweite Seminartag war überwältigend, es begann mit einer online-Vorführung von der Firma SAP, wo erstmals (Weltpremiere) durch Andreas Chudalla eine Software vorführt wurde, die beim Eingeben eines Stoffnamens sofort die richtigen Verpackungen ausweist – mit allen Details.

    Peter Menke, Leiter der Gefahrgutabteilung, führte die Teilnehmer durch „seine“ Firma. Bei der Ein- und Ausgangskontrolle (Tor 4) konnten die Besucher „live“ miterleben, was so alles falsch gemacht wird. Ein bulgarisches Fahrzeug wurde nicht beladen, weil Motor und Getriebe verölt waren, ein deutscher Stückgutfahrer, der mit Teilladung auf das Firmengelände fahren wollte, musste erst die vorhandene Ladung sichern, bevor er neue Ladung bekam, usw.

    Fasziniert war man auch vom Hochregallager des hauseigenen Spediteurs, der Fa. Cretschmar Logistik: Computergesteuerte Maschinen befördern ohne Menschenkraft zielgenau Gebinde in 15 m hohe Regale. Gelagert wird im sog. chaotischen System, d.h. alle Waren sind völlig durcheinander platziert – nur der Computer weiß, wo sie stehen.

    Die Ladungssicherung wird von erfahrenen Mitarbeitern durchgeführt, im Seeverkehr erfolgt eine vollständige Ausfüllung des Laderaumes durch „Airbags“ – auch oberhalb der Versandstücke.

    Resümee

    Theorie und Praxis, dazwischen liegen oft Welten. Man tut gut daran, sich des Öfteren mal in der Praxis umzuschauen – man kann viel lernen.