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Freitag, 20. März 2009 

Reinhold Zitzelsberger Webmaster

 

Binnenschifffahrt

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10. Internationale Binnenschiffahrts-Gefahrgut-Tage

- von VOC über EBIS bis Telematik -

Ein Unfall vor wenigen Wochen in Dormagen (3 Tote, 10 Verletzte, 1 Schiffstotalverlust) hat gezeigt, daß der Transport gefährlicher Güter auch in der Binnenschiffahrt mit Risiken verbunden ist. Man spricht gerne vom “sichersten Verkehrsträger”, aber wenn doch einmal ein Unfall passiert, dann sind aufgrund der großen Mengen die Auswirkungen gewaltig. Es ist also wichtig, daß die Vorschriften, die einen hohen Sicherheitsstandard vorschreiben, auch eingehalten werden!

Die Internationalen Binnenschiffahrts-Gefahrgut-Tage tragen dazu bei, daß über die Gefahrgutvorschriften in der Binnenschiffahrt diskutiert wird, daß Problemfälle aufgezeigt werden, daß über die Praxis berichtet wird, daß Neuentwicklungen aufgezeigt werden und natürlich ist es wichtig, daß ein Erfahrungsaustausch stattfindet.

Vor 10 Jahren hat der ecomed-Verlag die Binnenschiffahrts-Gefahrgut-Tage erstmals angeboten. Damals fand die Veranstaltung in Bad Lahnstein statt. Seit kurzem wird diese Tagung vom mi-information center (mic) durchgeführt. Zum Jubiläum traf man sich Anfang Juni 1999 dort, wo seit über 80 Jahren die Sicherheitsvorschriften für den Rhein und natürlich auch die Gefahrgutvorschriften fortgeschrieben werden, in der Hauptstadt Europas: Straßburg.

 

Die 10. Internationalen Binnenschiffahrts-Gefahrgut-Tage befaßten sich mit den Themen

- Europäische Gefahrgutpolitik (ZKR und ECE)
- Umwelt (VOC)
- Neuentwicklungen (Telematik)
- Spezialthemen (Europäischer Sicherheitsberater)

Auch diesmal waren die Diskussionen wieder das “Salz in der Suppe”. Experten beantworteten die zahlreichen Fragen der Teilnehmer.

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Klaus Ridder und Dr. Dieter Hempel (Physikalisch-Technische-Bundesanstalt) diskutieren mit den Teilnehmern

Bedrückte Stimmung herrschte im Vortragsraum, als Klaus Ridder, der auch diesmal die Tagung wieder leitete, über den Gefahrgut-Unfall in Dormagen berichtete:

Die Unfallursache ist noch nicht bekannt, man muß noch weiter untersuchen. Sollte sich aber tatsächlich ein Fehler in den Vorschriften herausstellen, so muß die Zentralkommission für die Rheinschiffahrt (ZKR) handeln und das ADNR entsprechend ändern. Experten der Arbeitsgruppe “Gefährliche Güter” seien an der Untersuchung beteiligt.

Moderne Arbeitsmittel auf der Basis der Satellitenkommunikationssysteme ermöglichen auch der Binnenschiffahrt eine jederzeitige und lückenlose Transportüberwachung.

Die satellitengestützte Transportüberwachung bietet neben der rein wirtschaftlichen Optimierung des Flotteneinsatzes insbesondere die kontinuierliche Ladungsidentifikation und –Verfolgung, gerade auch bei der Durchführung von Gefahrguttransporten und stellt darüber hinaus zeitnah Informationen für ein im Bedarfsfall sofort greifendes Risikomanagement.

Das Auftragsverwaltungs- und Abrechnungssystem umfaßt die vollständige Dokumentation aller für die Auftragsplanung, -durchführung und –überwachung relevanten Daten bis zur zeitnahen Abrechnung.

Ebenfalls integriert ist ein lückenloses Informations- und Berichtssystem, Führen eines elektronischen Betriebstagebuches und einer ADR-Infodatenbank.

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Klaus Ridder (rechts) im Gespräch mit Volker Orlovius, Chefingenieur der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt (ZKR), Hans Gerd Heidenstecher, Deutsche Binnenreederei, Berlin, van der Werft, Stellvertreter des Generalsekretärs der ZKR

Hinter dem Kürzel EBIS verbirgt sich das Europ. Binnenschiffahrts Informations System. Die chemische Industrie will damit, so Frank Forster von der BASF AG, für ihre sensiblen Produkte eine hochwertige Dienstleistung seitens der Beförderer (= Reeder) fordern. In der Zeit von Juli ’98 bis April ’99 wurden 587 Tankschiffe überprüft und dabei folgende Unregelmäßigkeiten festgestellt:

- Notfallpläne fehlen
- Sicherheitsausrüstung fehlt oder ist mangelhaft
- Kenntnisse Über-/Unterdruck sind unzureichend
 

Forster faßte die Ziele von EBIS wie folgt zusammen:

- erhöht die Sicherheit und vereinheitlicht Standards
- vermeidet Doppelinspektionen
- geht über die gesetzlichen Forderungen hinaus

VOC (= Valatile Organic Compounds / Flüchtige organische Verbindungen) ist seit dem 1. Januar 1999, dem Inkrafttreten der entsprechenden VOC-Richtlinie der EG (94/63 / EG) ein Problemwort. VOC sind umweltgefährdend und krebserregend und sollen deshalb nicht in die Umwelt gelangen. Die EU hat aus diesem Grund das Entgasen der Binnentankschiffe während der Fahrt seit dem 1.1.1999 verboten. Doch wohin sollen die Binnenschiffer die Gase ablassen? Die Empfänger der Ladung wollen grundsätzlich die Ladung und nicht die Gase, zumal das Entgasen nach der Entladung eines Schiffes mehrere Stunden dauern und die Landanlage stundenlang blockieren würde. Zwar habe sich die ZKR mit der Problematik befaßt, aber eine Lösung sei auch noch nicht in Sicht, so Klaus Ridder, Chairman der ZKR Arbeitsgruppen ‘Gefährliche Güter‘.

Ridder forderte alle Beteiligten auf, kompromißbereit zu sein und aufeinander zuzugehen.
Seine Vorschläge lauteten:

- Ausnahmeregelungen in allen EU-Staaten belassen
- Gasrücknahme beim Beladen ermöglichen
- Mineralölindustrie sollte ‘Reinheitsanforderungen‘ überdenken
- Alle Schiffe mit ‘Strippingsystemen‘ ausrüsten              (siehe auch
Anfahrschutz)
- Empfänger sollte ‘alles‘ übernehmen
- Umwelt-/Verkehrsrecht besser anpassen
- VOC-Richtlinie ändern für die Schiffahrt

Man traf sich bei den 10. Internationalen Binnenschiffahrts-Gefahrgut-Tagen in Straßburg, der Hauptstadt Europas. Auch der Empfang im Palais du Rhin, dem Sitz der ZKR, war informativ. Man hatte die Möglichkeit, mit den Entscheidungsträgern der ZKR zu diskutieren: mit Chefingenieur Volker Orlovius, dem Vertreter des Generalsekretärs von der Werft, und Erwin Fessmann, der ‘Seele für alles‘ in der ZKR. Übrigens steht der Termin für die 11. Binnenschiffahrts-Gefahrgut-Tage auch schon fest: 3./4. Juni 2000 in Koblenz.

Quelle: ecomed verlagsgesellschaft, Landsberg

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