Binnenschiffahrt: Mehr Sicherheit durch “Anfahrschutz”
Die Idee kommt von den Marineschiffen: Man verstärke die Seiten eines Tankschiffes durch Konstruktionselemente, um somit die Sicherheit gegen seitliches Anfahren zu erhöhen.
Versuche im Maßstab 1:1 in “Hollands Diep” in der Nähe von Dordrecht (NL) vor internationalem Publikum zeigten, daß man richtig liegt.
Doppelhüllentankschiffe
Die ursprüngliche Idee, die Sicherheit von Tankschiffen zu erhöhen, ist die Doppelhülle: Zwischen Ladetank und Schiffsaußenhaut wird ein Leerraum eingeplant,
der bei einer eventuellen Kollision den innenliegenden Tank schützt. Die kinetische Energie des Anfahrens eines Schiffes wird durch Verformung der Außenhaut verzehrt, das Schiff wird abgebremst und kommt zum
Stillstand, bevor der Bug den inneren Tank erreicht. Hatte man die ersten Doppelhüllenschiffe in den 70er Jahren noch nach “Gefühl” konzipiert, so gab es im ADNR 1984 bereits eine konkrete Forderung mit
wissenschaftlichem Hintergrund. Aufgrund der Auswertung von Unfällen stellte man fest, daß nahezu alle Ladetankschiffe mit Doppelhüllenbauweise dicht bleiben, wenn der Abstand 1 m zwischen Ladetank und
Außenhaut beträgt. Das sog. “technische Risiko” blieb dabei aber unberücksichtigt. Will man den Abstand auf 80 cm mindern, um mehr Ladekapazität zu bekommen, muß man zusätzliche konstruktive Maßnahmen
ergreifen, um einen äquivalenten Anfahrschutz zu bekommen, z. B. Einbau zusätzlicher Spanten.
Giftige Stoffe in Doppelhüllenschiffen
Die Doppelhüllenbauweise ermöglichte es der chemischen Industrie, auch solche Produkte mit Binnenschiffen zu befördern, die bisher aufgrund der Gefährlichkeit
von der Beförderung auf Binnenwasserstraßen ausgeschlossen waren. In der Regel waren dies toxische Stoffe. Die Nachfrage nach Doppelhüllenschiffen ist groß, man schätzt, daß derzeit etwa 100 solcher Schiffe im
Einsatz sind. Der Preis ist ebenfalls hoch, denn high tech kostet Geld. Das Problem aber ist noch ein anderes. Aufgrund der Doppelwandung geht Ladekapazität verloren, außerdem ist der Inhalt einzelner Ladetanks auf
380 m³ begrenzt. Der Grund für die Begrenzung ist wiederum, daß man mit kleineren Tanks das letztendlich doch noch vorhandene Restrisiko begrenzen will. Fairerweise muß man feststellen, daß die Zahl
“380 m³” mehr oder weniger willkürlich festgelegt wurde.
Größere Schiffe bei gleicher Sicherheit
Größere Schiffe bei gleicher Sicherheit, so soll die Zukunft aussehen. 135 m-Schiffe statt 110 m-Schiffe ist so gut wie beschlossen. Man will mit
den Schiffen aber auch in die Breite gehen. Dort wo keine Schleusen die Schiffsbreite einengen, sollen künftig Supertanker mit 17 - 22 m Breite fahren. Die gleiche Sicherheit soll dann durch konstruktive
Maßnahmen im Schiffsbau gewährleistet sein.
Versuche in den Niederlanden
In den Niederlanden hat man seit Jahren gute Erfahrungen im Bau von Marineschiffen mit konstruktiv verstärkten Außenwänden. Warum diese Bauart nicht auch in
der Binnenschiffahrt?
In der letzten Februarwoche wurden die Ergebnisse einem internationalen Publikum in “Hollands Diep” in der Nähe von Dordrecht vorgeführt. Eine entsprechend vorbereitete
Schiffsaußenwand und ein ausrangiertes Tankschiffe ließ man im rechten Winkel zusammenstoßen. Die neue Konstruktion verschob sich um 80 cm, blieb aber noch soweit von dem “Innentank” entfernt, daß er dicht
geblieben wäre. Vorher hatte es bereits andere Versuche mit anderen Konstruktionen gegeben, die allerdings nicht so erfolgreich waren.
|