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Freitag, 20. März 2009 

Reinhold Zitzelsberger Webmaster

 

RAM 2006

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Praxisseminar „Radioaktivtransporte“

-Viel Einblicke in die Praxis -

Radioaktive Stoffe nehmen bei der Beförderung gefährlicher Güter immer noch eine Sonderstellung ein – so sind beispielsweise bei der Fahrerschulung nach ADR besondere Aufbaukurse erforderlich. Auch reagiert die Öffentlichkeit sehr sensibel auf diese Transporte.

Wenn es tatsächlich einmal zu einem Unfall kommt – was allerdings sehr selten der Fall ist   dann wissen die wenigsten Unfallhilfskräfte etwas mit dem Begriff „Radioaktivität“ anzufangen bzw. umzugehen.

Die seit 1961 (!) bestehende „Transportphilosophie“ der IAEO, dass Transportbehälter grundsätzlich unfallsicher sein müssen, andernfalls der Inhalt eines Versandstückes so zu begrenzen ist, dass keine gesundheitlichen Schäden entstehen können, ist den wenigsten bekannt. Im Gegenteil: In den Medien werden regelmäßig Horrorszenarien dargestellt, die sich ereignen könnten.

Die Teilnehmer eines Praxisseminars in Königslutter/ Braunschweig unter Leitung von Klaus Ridder (früher BMV) wurden am 1. Seminartag in theoretischen Neuerungen im Vorschriftenbereich (z.B. Neues von der IAEO, vom BMVBW, vom BMU) informiert. Der Begriff Radioaktivität und andere physikalische Grundlagen aus der Physik der radioaktiven Stoffe wurden von Lothar Becker aus der Sicht eines Pädagogen umfassend erläutert.

3 Becker_reduz_72_reduzEs leuchtet vielen sicher ein, dass es besonders schwierig ist, den Gefahrgutfahrern Fachbegriffe aus dem Bereich „Radioaktivtransporte“ zu vermitteln. Lothar Becker, Inhaber eines Trainingszentrums für Gefahrgutfahrer und Gefahrgutbeauftragte hatte hierzu viele praktische Beispiele vorrätig:

  • Mit einem Regenschirm wurde die Abschirmung demonstriert.
  • Der in die Hand genommene Overhead-Projektor zeigte, dass die Projektionsfläche mit dem Quadrat der Entfernung zur Wand zunimmt, damit aber auch die Lichtstärke quadratisch weniger wird.
  • Das trifft auch für die radioaktive Strahlung zu, die quadratisch mit der Entfernung vom Versandstück abnimmt.
  • Das Kürzel M(ega) bedeutet mehr als K(ilo); G(iga) ist dann wieder mehr als M(ega).

Dr. Ulrich Alter, Referatsleiter im BMU, konnte neuestes statistisches Material über das Beförderungsaufkommen vorstellen. Das derzeitige bundesweite Beförderungsaufkommen radioaktiver Stoffe für den wissenschaftlichen, medizinischen und technischen Anwendungsbereich beträgt etwa 600.000 bis 700.000 beförderte Versandstücke pro Jahr. Gegenüber den Vergleichswerten von 1986 sind keine wesentlichen Änderungen eingetreten. Die Anzahl der beförderten Versandstücke auf der Straße blieb nahezu konstant, ein deutlicher Rückgang des Beförderungsaufkommens ist dagegen bei den Verkehrsträgern Luft und Schiene zu verzeichnen. Dies ist in erster Linie, so Dr. Alter, darauf zurück zu führen, dass die Deutsche Bahn AG seit einigen Jahren die Beförderung von Klasse 7 Gütern im Stückgutverkehr eingestellt hat.

Interessant auch die Ausführungen von Dir. Und Prof. Dr. Bernhard Droste von der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM): Typ B-Behälter halten auch höchste realistische Unfallbelastungen aus:

  • Anfahrt mit 100 Meilen eines Zuges
  • Aufprall eines Flugzeuges
  • Explosion eines Propankesselwagens
  • Abwurf aus 200 m Höhe
  • Beschuss mit einem 1 t schweren Projektil.

Alle Versuche wurden im Maßstab 1:1 durchgeführt und zeigten, dass die mit 9 m-Falltest geprüften Typ B-Behälter auch Unfallbelastungen standhalten. Tatsächlich hat es beim Transport mit radioaktiven Stoffen weltweit noch keine Freisetzung von radioaktiven Stoffen gegeben.

Höhepunkt des zweitägigen Seminars war zweifellos die Besichtigung der Firma QSA Global GmbH im Norden Braunschweigs. Die Firma wurde ursprünglich 1858 als Chinin-Fabrik Buchler und Co. gegründet. Bereits 1906 wurde die Produktion von radioaktiven selbst leuchtenden Farben begonnen. Die Verwendung künstlicher Radioaktivität für die Medizin erfolgte 1935. Heute werden bei QSA Global GmbH alle möglichen Arten radioaktiver Stoffe hergestellt, angefangen von Produkten zur Prozesskontrolle, Rauchmelder, Produkten zur Kalibrierung von Messgeräten bis hin zu medizinischen Produkten für die Radioimmuntherapie.

Täglich verlassen bis zu 1.000 Versandstücke die Firma, größtenteils handelt es sich hierbei um kurzlebige Radionuklide für die Medizin. „just in time“ lautet hierbei die Devise, denn die Logistik bis hin zur medizinischen Anwendung muss auf die Minute genau stimmen, weil ein zu spät angekommenes Produkt seine radioaktive Strahlung verloren hat.

Die Teilnehmer durften sich sogar im Strahlenschutzbereich aufhalten, nachdem man sie mit entsprechender Kleidung ausgerüstet hatte. Es war schon interessant mit zu erleben, wie Radioisotope in einem Labor hergestellt, verpackt und für die Beförderung auf Lkw verladen wurden.

Übrigens wichtig bei der Lkw-Verladung war die Ladungssicherung. Zur Ausnutzung der Ladefläche werden die Produkte in zwei Lagen verladen. Die weitere Fixierung erfolgt mittels Spanngurten. Beanstandungen, so der verantwortliche Gefahrgutbeauftragte Joachim Kahl, hat es seitens der Überwachungsbehörden bisher nicht gegeben. Im übrigen betont die Firma, dass sie einen intensiven Erfahrungs- und Informationsaustausch mit den zuständigen Aufsichtsbehörden pflegt. Das trägt, so Kahl, auch zur Erhöhung der Sicherheit bei.

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