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Dienstag, 29. August 2006 

Reinhold Zitzelsberger Webmaster

 

GG in Sri Lanka
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Gefahrgut auf Sri Lanka

 

Dipl.-Ing. Klaus Ridder, Königswinter

 

Ich war erstaunt über die lebhafte Diskussion nach einem Vortrag, den ich im ehrwürdigen Mount Lavinia Hotel in Colombo (Sri Lanka) vor Mitgliedern des dortigen Rotary-Clubs gehalten habe. Die Fragen gingen von der Gefährlichkeit von Betonblöcken mit einbetonierten Radioaktivabfällen, die  offensichtlich irgendwo im Hafen lagerten, bis hin zu der Frage, wie denn überhaupt Dritte Welt-Länder die umfangreichen Vorschriften einhalten können.
Bevor ich den Vortrag hielt, habe ich mir zunächst erst mal einen Überblick verschafft, was so alles an Gefahrguttransporten auf der Straße und auf der Schiene unterwegs ist

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Vorbereitung für den Gefahrgutvortrag: Es werden Dias sortiert, die Tochter Anka aus Königswinter mitgebracht hatte.

 

 

RotaryClub Colombo Nalin Fernando links.JPG (13KB)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vortrag über Gefahrgut im Rotary-Club Mount Lavine in Colombo. Links Rotary-Präsident Nalin Fernando

 

 

 

Etwas über Sri Lanka

Sri Lanka ist für uns Europäer als Ferieninsel bekannt. Man weiß etwas über den Konflikt mit den im Norden lebenden Tamilen. Auf der Insel südöstlich von Indien leben 20 Mio. Einwohner auf ca. 66000 qkm. Die Hauptstadt heißt Colombo und liegt an der Westküste. Im Gebirge, das immerhin bis zu 2500 m hoch ist, liegt die zweitgrößte Stadt Kandy. Kandy und Colombo sowie die hinter Kandy liegenden Teeplantagen sind durch eine Eisenbahn verbunden, die vor 130 Jahren von den britischen Kolonialherren gebaut wurde. Auch die Holländer, die vor den Briten Kolonialherren auf Sri Lanka waren, hinterließen eine Binnenwasserstraße, den Hollandkanal, der das nördlich von Colombo gelegene Fischerstädtchen Nekombo mit der Hauptstadt verbindet. Ansonsten gibt es natürlich Straßen, die allerdings in einem erbärmlichen Zustand sind.

 

Was wird an Gefahrgut befördert?

Sri Lanka lebt überwiegend von den Teeexporten und von den Touristen. Sri Lanka hat keine eigenen Erdölvorkommen und ist hier auf die Einfuhr von Öl aus Arabien angewiesen. Das Öl wird in einer in Colombo befindlichen Raffinerie verarbeitet, zu Benzin und Diesel für den Kraftfahrzeugverkehr und Kerosin für Luftfahrzeuge und zu Heizzwecken. Seit Jahren bemüht sich der Mineralölkonzern Shell, an den Tankstellen auch LPG für Kraftfahrzeuge anzubieten.

Ein Liter Benzin kostet die Unsumme von 50 Rupees (= 1,25 DM). Wenn man bedenkt, dass eine Teepflückerin am Tag etwa 300 Rupies verdient, dann kann man sich vorstellen, wie sündhaft teuer dort Benzin ist. Viel billiger ist Diesel, es wird praktisch zum Einkaufspreis abgegeben. Der Preis von LPG dürfte sich etwa in der Mitte zwischen Diesel und Benzin befinden. Die verwendeten Autos sind uralt, besonders häufig im Stadtverkehr von Colombo findet man sog. Tuck-Tucks, das sind Dreiradfahrzeuge, die überwiegend von Zweitaktmotoren angetrieben werden und natürlich die Umwelt übernormal belasten. Aber das ist derzeit noch kein Thema für Sri Lanka. Eine chemische Industrie gibt es so gut wie nicht – alles wird aus Europa oder Japan eingeführt, auch die vielen Farben für die heimische Textilindustrie.

 

Mineralöltankfahrzeuge

Der Vertrieb von Mineralölprodukten wie Benzin und Diesel steht unter staatlicher Kontrolle, die Preise sind einheitlich – allenfalls zahlt man im Hochland für Benzin etwas mehr, weil der Transport nach dorthin teurer ist. Der Vertrieb von LPG war bisher in der Hand von Shell, ab Anfang 2001 wurde der Handel freigegeben und auch andere Konzerne bemühen sich um den Markt. Shell setzt moderne Tankfahrzeuge ein, die durchaus westlichen Standards entsprechen. Anders ist es bei den sonstigen Tankfahrzeugen. Tankfahrzeug in SriLanka.JPG (19KB) Hier ist praktisch alles unterwegs, was noch vier Räder hat. Das hängt sicher damit zusammen, dass auf neue Tankfahrzeuge hohe Einfuhrzölle liegen, die einfach die Singhalesen dazu zwingen, alte gebrauchte Tankfahrzeuge einzuführen. Was in Europa oder sonst wo in der Welt nicht mehr fahren kann, fährt immer noch ein paar Jahre auf Sri Lanka. Allerdings kann man auch hier feststellen, dass es sich überwiegend um Fahrzeuge der Marke Tarta (Mercedes made in India) handelt, allerdings sieht man auch hin und wieder mal richtige Mercedes- oder auch Renault-Tankfahrzeuge. Vorrangig eingesetzt werden ellipsenförmige Tanks, häufig auch Koffertanks.

 

Kerosin im Ochsenkarren

Das kurioseste Gefahrgutfahrzeug entdeckte ich in einem Vorort von Gefahrguttransport mit dem Esel 2.JPG (19KB)Colombo. Ein einachsiger Ochsenkarren fuhr hier von Haus zu Haus, um den Haushalten Kerosin zu Heizzwecken für die Küchenherde anzubieten. Zu bemerken ist hierzu, dass zu Heizzwecken in der Küche ansonsten Holz oder Gas zur Verfügung steht. In den ärmeren ländlichen Gegenden wird überwiegend Holz verwendet und an den Straßen auch angeboten.

 

Abgefüllt wird das Kerosin in offene Eimer und dann in die Haushalte gebracht. Irgendwelche Mindestwanddicken oder Vorschriften für den Bau der Tanks gibt es natürlich nicht – ich hatte aber den Eindruck, dass sie “kräftig“ dimensioniert waren und durchaus eine sichere Gefahrgutumschließung darstellten.
Gefahrguttransport mit dem Esel 2.JPG (19KB)
Das Bild, ein durch den dichten Großstadtverkehr ziehenden Ochsenkarren, werde ich sicher noch lange in meiner Erinnerung behalten.

 

Ganzzüge nach Kandy

Kandy, die zweitgrößte Stadt und der frühere Sitz der singhalesischen Könige, liegt etwa 150 km von der Hauptstadt Colombo entfernt in den Bergen. Um die Teeplantagen zu erreichen, hatten die Briten vor 130 Jahren eine atemberaubend schöne Eisenbahnstrecke nach Kandy und weiter nach Badulla gebaut. Die Straße nach Kandy ist dem starken Verkehr nicht mehr gewachsen und ist somit auch nicht mehr aufnahmefähig für weitere Gefahrguttransporte. Die Eisenbahn bietet sich deshalb an. Benutzt werden kräftig dimensionierte Kesselwagen, die einem Standard entsprechen, wie er hier auch in Mitteleuropa in den 50er Jahren üblich war. Die Züge fahren als sog. Ganzzüge und werden teilweise auch überwacht, weil man Anschläge der im Norden von Sri Lanka wohnenden Tamilen befürchtet.

 

Die Strecke führt durch Tunnels, entlang an steil abfallenden Gebirgshängen und  durch eine einzigartige Dschungellandschaft. Während ich im hinteren Teil des sog. Observationswagens sitze und das lebhafte Treiben auf den Eisenbahnschienen beobachte (sobald der Zug vorbei ist, benutzt man die Eisenbahnschienen auch als Fußweg),
Was entgleist bleibt liegen.JPG (23KB)
erkenne ich die Reste eines wohl schon einige Jahre zurückliegenden Eisenbahnunfalls. Ein Güterwagen liegt mit den Rädern nach oben links an der Strecke, während auf der rechten Seite mehrere Eisenbahnkesselwagen zu erkennen sind, die nach einer Entgleisung wohl den Hang hinunter purzelten. Irgendwo liegen auch noch Radachsen und sonstige Überbleibsel des Eisenbahnunfalls.

 

Schiffsverkehr

Aus dem Restaurant im obersten Stockwerk des ehemals erstklassigen Orientel-Hotels am Hafen verschaffe ich mir einen Überblick über den größten Seehafen Sri Lankas in Colombo. Schiffe aus aller Welt, darunter auch riesengroße Tankschiffe, geben hier ihre Ladung ab oder nehmen sie auf. Man hat hier überall Angst vor den Anschlägen der Tamilen – deshalb herrscht auch in dem Restaurant striktes Fotografierverbot, so dass ich leider keine Aufnahmen machen kann.

 

Kein Gefahrgut auf Binnenwasserstraßen

 

Der 300 Jahre alte Hollandkanal hat heute überwiegend eine touristische Funktion, allenfalls benutzen ihn Fischer, um nach dem Fang ihre Fische so schnell wie möglich an den Verbraucher zu bringen. Ich entdecke auf dem Kanal noch ein Schiff mit Kies, der mit Körben vom Grund des Kanals geschürft wird – aber Kies ist ja noch kein Gefahrgut!

 

Resümee

Es war für mich zunächst beängstigend, als ich die hier im Umlauf befindlichen Eisenbahnkesselwagen und Tankfahrzeuge sowie Ochsenkarren mit Gefahrgut sah.

 Man sollte aber nicht vergessen, dass es auch bei uns in den 50er Jahren ähnlich aussah und erst der schwere Unfall auf dem spanischen Campingplatz Los Alfaques im Jahre 1978 die Initiative auslöste, die Gefahrgutfahrzeuge doch etwas sicherer zu machen und letztendlich wurde in Europa auch erst in den 70er Jahren für Tankfahrzeuge eine Mindestwanddicke eingeführt. Auf Sri Lanka hat man jedenfalls zunächst keine Probleme mit den dortigen Gefahrguttransporten und der Export beschränkt sich derzeit überwiegend auf Tee – und Tee ist kein Gefahrgut!

 

 

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