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Freitag, 20. März 2009 

Reinhold Zitzelsberger Webmaster

 

Feuerwerkskörper

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Feuerwerkskörper

- Bald ist wieder Hochsaison -

Explosivstoffe und insbesondere Feuerwerkskörper haben in den letzten 2 Jahren für Schlagzeilen gesorgt. Wir erinnern uns noch an das Explosionsunglück im niederländischen Enschede, wo viele Menschen durch die Explosion von nicht ordnungsgemäß gelagerten Feuerwerkskörpern getötet wurden, es entstand ein Sachschaden in Millionenhöhe! Ungeachtet dessen wird es nicht lange dauern, dann werden wieder Feuerwerkskörper in großen Mengen zu den Verbrauchern befördert, damit die Jahreswende mit Licht und Schall eingeläutet werden kann. Nicht zu vergessen der Bedarf an Feuerwerkskörpern beim Abfeuern von Großfeuerwerken. Diese sind gerade in der Sommerzeit beliebt.

 

Neues Sprengstoffgesetz

Der mic-Kongressservice (Landsberg) veranstaltete ein Seminar zu diesem Spezialthema in Hennef. Die Stadt an der Sieg wurde deshalb gewählt, weil in unmittelbarer Nähe eine der größten deutschen Feuerwerkshersteller, die Fa. Weko, zu Hause ist.

Explosivstoffe, hier sind Feuerwerkskörper eingeschlossen, unterliegen sowohl den gefahrgutrechtlichen Bestimmungen (Gefahrgutbeförderungsgesetz und seine Verordnungen wie GGVSE/RID/ADR) sowie den sprengstoffrechtlichen Vorschriften wie Sprengstoffgesetz.

Praktisch zeitgleich mit dem Seminar erfolgte eine Neufassung des Sprengstoffgesetzes. Dr. Susanne Barfuß (Laborleiterin bei der BAM in Berlin) referierte zu diesem Thema und hob die Änderungen des Sprengstoffgesetzes hervor.

    1. Der Einführer oder Verbringer hat nachzuweisen, dass für die explosionsgefährlichen Stoffe die Lager- und Verträglichkeitsgruppenzuordnung durch die zuständige Stelle erfolgt ist.

    2. Als Übergangsregelung gilt, dass am 31.12.2003 berechtigt im Verkehr befindliche Explosivstoffe längstens bis zum 31.12.2005 weiterhin in die Bundesrepublik Deutschland verbracht, vertrieben und anderen überlassen oder verwendet werden dürfen.

    3. Ab September 2002 wird das bisherige Zulassungszeichen der BAM durch eine CE-Kennzeichnung ersetzt.

    4. Auf Antrag des Herstellers kann die BAM Ausnahmen vom Konformitätsnachweis zulassen. Die Aufbewahrung kleiner Mengen von Sprengstoffen der Lagergruppe 1.4 (überwiegend pyrotechnische Gegenstände) wurde restriktiver gefasst. Unterschieden wird hier zwischen gewerblicher und nicht gewerblicher Aufbewahrung.

Jürgen Schroer vom Staatlichen Amt für Arbeitsschutz in Siegen wies besonders darauf hin, dass für die Beförderung von Sprengstoffen neben dem ADR-Schein noch ein Befähigungsschein nach dem Sprengstoffgesetz (§ 8 SprengG) erforderlich ist. Für die Erteilung der Erlaubnis oder des Befähigungsscheines müssen die Antragsteller oder die vertretungsberechtigte Person persönliche und fachliche Voraussetzungen erfüllen. Die ausstellende Behörde prüft alle diese Voraussetzungen jeweils nach Ablauf von 5 Jahren neu. Wird dabei festgestellt, dass auch nur eine der Voraussetzungen weggefallen ist, muss die Erlaubnis widerrufen bzw. darf der Befähigungsschein nicht verlängert werden! Wird der Behörde bereits innerhalb der 5-Jahres-Frist bekannt, dass eine oder mehrere dieser Voraussetzungen weggefallen sind, muss sie unverzüglich tätig werden.

Die wesentlichste persönliche Voraussetzung ist die persönliche Zuverlässigkeit der Antragsteller. Zur Prüfung der Zuverlässigkeit werden 3 Auskünfte eingeholt: je ein unbeschränkter Auszug aus dem Bundeszentralregister und dem Gewerbezentralregister sowie eine Auskunft von der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständigen Polizeibehörde. In den letzten 5 Jahren darf der Antragsteller weder wegen einer Straftat verurteilt worden sein noch darf gegen ihn ein Bußgeldbescheid mit einer Geldbuße von mehr 200 € verhängt worden sein (Verkehrsordnungswidrigkeiten sind hiervon ausgenommen). Ebenfalls darf nichts negatives (Drogensucht, Rauschmittelkonsum, Neigung zu Gewalttätigkeit) über ihn bekannt sein. Gerade bei Speditionen, so Schroer, führt dies wegen der bekannten Probleme mit den Arbeitszeitvorschriften für Kraftfahrer (EWG-Verordnung) zu nicht unerheblichen Schwierigkeiten.

Wer als vertretungsberechtigte Person oder Firmeninhaber nicht nur das Unternehmen leitet, sondern selber auch Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen hat (z.B. als Fahrer, Disponent, Verlader usw.) muss weitere persönliche und fachliche Voraussetzungen wie jeder andere Befähigungsscheininhader erfüllen. Er muss

    - mindestens 21 Jahre alt sein (Ausnahmen hiervon sind im gewerblichen Bereich nicht möglich!)

    - für die Tätigkeit körperlich geeignet sein

    - Deutscher sein oder seinen Wohnsitz, seine ständige Beschäftigung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (dieser Vorbehalt entfällt grundsätzlich bei Angehörigen von EG-Staaten)

    - die für die Tätigkeit notwendige Fachkunde nachweisen. Diese Fachkunde wird i.d.R. durch die erfolgreiche Teilnahme an einem staatlich anerkannten Lehrgang (Zeugnis) nachgewiesen. Neben diesem Lehrgangszeugnis kann der Antragsteller allerdings eine Fachkunde auch durch eine (mündliche) Prüfung vor der Behörde nachweisen (§ 29 ff. 1. SprengV). Vor Verlängerung des Befähigungsscheines muss der Antragsteller an einem Wiederholungslehrgang erfolgreich teilgenommen haben.

Die Erlaubnis oder der Befähigungsschein erlöschen kraft Gesetzes, wenn der Inhaber die Tätigkeit nicht innerhalb des ersten Jahres aufgenommen  hat oder die Tätigkeiten länger als 2 Jahre nicht ausgeübt worden sind (§ 11 SprengG).

Höhepunkt des Seminars war zweifellos die Besichtigung der Fa. Weko Feuerwerk in Eitorf. Hier werden rund um das Jahr Feuerwerkskörper hergestellt, teilweise aber auch aus dem Ausland (China und Japan) importiert. Zu Beginn der Werksbesichtigung müssen alle Handys abgestellt sein, außerdem herrscht strenges Fotografierverbot. Natürlich darf auch nicht geraucht werden.

Die Zutaten zu dem explosiven Inhalt von Feuerwerkskörpern werden mit der Hand gemischt. Aus Gründen des Schutzes bei einer eventuellen Explosion ist die Mischanlage nach einer Seite offen und nur durch ein leichtes Dach geschützt. Die Mischungen sind individuell, je nachdem, welchen Leuchteffekt man haben will. Der „Zusammenbau“ der Feuerwerkskörper geschieht größtenteils von Hand, auch hier befinden sich jeweils nur ein bis zwei Personen in einem Raum. Die Herstellung von sog. Wunderkerzen hat sich im Prinzip seit 50 Jahren nicht geändert. Die Drähte werden auch hier von Hand in eine breiige Masse getaucht, bis sich die gewünschte Menge an dem Draht befindet. Für das Verpacken werden Pappkisten verwendet, die eine Zulassungsnummer der BAM tragen. Die erforderlichen Gefahrzettel sind schon außen aufgedruckt. Nach dem Befüllen werden die Pappkisten mit Klebeband verschlossen und ins Hochregallager gebracht. Hier lagern sie entweder bis zum Jahresende oder werden auf die Zwischenläger innerhalb der Bundesrepublik Deutschland verteilt. Bei der Lagerung wird peinlich darauf geachtet, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Es findet eine ständige Überwachung durch das Amt für Arbeitsschutz in Köln statt. Besonders nach dem Explosionsunglück in Enschede hat man das Sicherheitskonzept nochmals überdacht – grundlegende Änderungen waren aber nicht erforderlich.

Befördert werden die pyrotechnischen Gegenstände entweder mit firmeneigenen Fahrzeugen der Kategorien EX/II oder EX/III. Alle verantwortlichen Mitarbeiter haben den entsprechenden ADR-Schein. Schulungen finden firmenintern statt. Hierfür liegt eine Zulassung als Schulungsinhaber durch die örtliche IHK vor.

Anforderungen an Fahrzeuge EX/II und EX/III siehe Kasten.

Zusammenfassung

Etwa 60 Teilnehmer hatten sich zusammengefunden, um über die Beförderung von Explosivstoffen und insbesondere Feuerwerkskörpern zu diskutieren. Man war einer Meinung, dass sich nach dem Explosionsunglück in Enschede vieles getan hat. Zwar waren die Teilnehmer überzeugt, dass in der Bundesrepublik Deutschland das Sprengstoffgesetz aus dem 19. Jahrhundert sowie das Gefahrgutrecht eigentlich ausreichend für eine sichere Lagerung und Beförderung waren – jedoch hat Enschede dazu geführt, dass die Einhaltung der Vorschriften intensiver überwacht wird.

 

Klaus Ridder