Vorläufig noch keine Atomtransporte
Dipl.-Ing. Klaus Ridder*)
Dr. Florentin Lange, Abteilungsleiter bei der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS), referierte Ende Januar beim
Informationskreis Kernenergie in Bonn. Lange hatte die Untersuchung der “Kontaminationsaffäre” im Auftrage des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) sowie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(BMU) untersucht und den entsprechenden Bericht erstellt.
Der Zuspruch für die Veranstaltung war besonders groß, der Saal war gefüllt. Auch nach dem Vortrag gab es eine interessante
Diskussion. Eine Zusammenfassung der sehr informativen Veranstaltung.
Historische EntwicklungEigentlich mehr durch Zufall machte die französische Aufsichtsbehörde DSIN Ende April 1998 darauf
aufmerksam, daß bei einem nennenswerten Anteil von Transporten abgebrannter Brennelemente zur Wiederaufarbeitungsanlage der COGEMA in La Hague bei deren Ankunft Überschreitungen von Kontaminationsgrenzwerten
aufgetreten waren. Am 12. Mai wurden Vertretern des Umweltministeriums in Paris Dokumente zu 16 Transporten überreicht, die sich auf diejenigen der insgesamt 73 im Jahr 1997 und den ersten 4 Monaten von 1998
durchgeführten Transporte bezogen, bei deren Ankunft Kontaminationsbefunde am Behälter oder auf dem Eisenbahnwaggon festgestellt worden waren.
Das EBA hat daraufhin als zuständige Aufsichtsbehörde für Transporte von Kernbrennstoffen auf dem Schienennetz der
Deutschen Bahn AG am 20. Mai die GRS beauftragt, eine gutachtliche Stellungnahme im Sinne des §20 AtG zu aufgetretenen Kontaminationen bei der Beförderung von abgebrannten Brennelementen zu der
Wiederaufarbeitungsanlage der COGEMA in La Hague und der BNFL in Sellafield zu erstellen.
DiskussionsbeiträgeGenauso interessant wie der Vortrag, vielleicht sogar noch viel interessanter, waren die
Diskussionsbeiträge. So machte Prof. a.D. Lothar von Erichsen darauf aufmerksam, daß ja jeder Mensch eine Aktivität von 5.000 Bq beinhalte. Hochgerechnet auf die Zahl der anwesenden Zuhörer wären allein hier im Saal
500.000 Bq. Man staunte nicht schlecht, denn bei der Beförderung ging es ja “nur” um 4 Bq pro cm².
Eine Frage, ob denn die Grenzwerte in der restriktiven Form überhaupt noch zeitgemäß seien, wurde von Dr. Lange dahingehend
beantwortet, daß die Grenzwerte 1961 entstanden seien und seinerzeit aus dem tagtäglichen Umgang mit kontaminierten Gegenständen abgeleitet wurden, sie seien ,bezogen auf den Transport,sehr,sehr konservativ.
Wie er denn zu den Gutachten der anderen Gutachter (TÜV Bayern und Öko-Institut Darmstadt) stehen würde? Ein Gutachter, so
Dr. Lange, muß davon überzeugt sein, daß er sein bestes getan hat, um eine sachgerechte Bewertung zu erreichen. Er stehe nach wie vor hinter dem Gutachten der GRS. Gleichwohl seien ihm auch andere Gutachten
willkommen, wenn er daraus Anregungen für seine eigene Tätigkeit bekommen könne.
Die Frage eines belgischen Journalisten, wie nun die Zusammenarbeit zwischen der GRS und dem neuen Bundesumweltminister
Jürgen Trittin sei, konnte (oder wollte) Dr. Lange nicht beantworten. Die Zusammenarbeit auf der Fachebene sei weiterhin sehr gut.
Zu einer Frage, ob die Behälter anfällig für Kontaminationen seien, mußte Dr. Lange differenziert antworten: Die
französischen Behälter haben, um die Wärme gut ableiten zu können, an der Oberfläche einige tausend Stachel, diese werden praktisch aufgeklebt. Diese Behälter sind tatsächlich aufgrund der großen oft nicht gut
zugänglichen Oberfläche anfällig gegen Kontaminationen. Die deutschen CASTOR-Behälter hätten glatte Kühlrippen und seien weniger problematisch. Um Kontaminationen beim Beladen unter Wasser zu vermeiden, hätte die
GRS deshalb vorgeschlagen, die Behälter bei der Beladung unter Wasser praktisch mit doppeltem Schutz zu versehen (=2 ‘Schutzhemden’)
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