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Dienstag, 29. August 2006 

Reinhold Zitzelsberger Webmaster

 

Abschied 2001
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Abschiednehmen fällt schwer/leicht?

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Vor 3 Jahren hatte ich mich entschlossen, von der sog. “Altersteilzeit” Gebrauch zu machen – das System ist einfach, man arbeitet praktisch im voraus für weniger Geld und kann dann entsprechend der vorgearbeiteten Zeit früher zu Hause bleiben. Aufgrund meines Antrags bekam ich dann die Mitteilung, dass der 31. März 2001 mein letzter Arbeitstag sei und danach die sog. “Freistellungsphase” beginnen würde.

Das war vor 3 Jahren! Was, Sie wollen aufhören? Was sollen wir denn ohne Sie machen? Wer wird denn überhaupt Ihr Nachfolger werden? Die Lücke, die Sie hinterlassen, wird wohl kaum zu ersetzen sein! Haben Sie denn außer Gefahrgut noch andere Hobbys? Was sagt denn Ihre Frau dazu? Wie, der Ridder hört auf?

Ja und tatsächlich begann im letzten Jahr – praktisch mit der 69. Sitzung der Arbeitsgruppe WP.15 der Wirtschaftskommission für Europa (ECE/WP.15), wo ich seit einigen Jahren Delegationsleiter war, die Abschiedsvorstellung. Unter Nr. 84 ist dort im Protokoll (TRANS/WP.15/163) vermerkt: “The Working Party was informed that the representative of Germany, Mr. K. Ridder, Chairman of the WP.15/AC.2 Meeting of Experts, would retire in 2001. It epressed its gratitude to him for his contribution to the safety of the carriage of dangerous goods over a period of more than 30 years, and wished him a long and happy retirement”.

Es wurde also ernst! Ein paar nette warme Worte, überall Händeschütteln und das wars.

Die nächste Sitzung der ECE/WP.15 AC.2, die Arbeitsgruppe, die praktisch das ADN (technisch) fortentwickelt und wo ich jahrelang Chairman gewesen war, nahm schon mein Chef war. Hier hätte man mich sicher auch nochmal “verabschiedet” – aber meine Frau hatte im Vorgriff auf die zu erwartenden Freizeiten und den restlichen Jahresurlaub schon in dieser Zeit eine Reise nach Sri Lanka gebucht. So gesehen war es mir also ganz recht, dass mein Chef dort hinfuhr und auch gleich den Vorsitz übernahm.

Die nächste Abschiedsvorstellung sollte in Wien sein, doch da gab’s schon Schwierigkeiten. Aus “Reisekostengründen” wollte man mich erst gar nicht nach Wien fahren lassen. Dabei hatte ich 25 Jahre lang der Delegation der Bundesrepublik Deutschland angehört, an etwa 75 Sitzungen bei der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) teilgenommen und 1 Jahr meines Lebens in der Pension Pertschy in der Habsburger Gasse 5 in Wien geschlafen. So ist das also, wenn man die Szene verlässt!

Die “Show” der Verabschiedung in Wien wollte ich mir eigentlich nicht entgehen lassen und so zahlte ich meine Dienstreise selbst, denn ich wollte mich von den Freunden verabschieden, mit denen ich jahrelang zusammen gearbeitet hatte und die Vorschriften für die Beförderung radioaktover Stoffe zu dem hohen Sicherheitslevel mitgeführt habe, die sie heute haben.

Meine “Investition” war nicht umsonst, denn der Abschied war tatsächlich grandios. Mrs. Pope, die Frau des Scientific Secretair Ron Pope, zu der uns eine jahrelange Freundschaft verbindet und die sogar schon mal bei uns zu Hause gewesen waren, hatte sogar Kuchen gebacken. Es gab ein paar schöne Worte von Clive Joung (UK), dem Chairman von TRANSSC und natürlich Schampus. Dazu gabs auch ein Buch in einer Holzkasette über Wien. Ich muss nochmals sagen, dass ich diese Abschieszeremonie einfach toll fand und ich sogar Rührung verspürte, wie ich diese schönen netten Worte alle hörte.

 

Der Abschied von meinen Freunden der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt hatte ich selbst zu organisieren und sie führte uns in das Hotel “Kölnischer Hof” unserer Freunde in Bacharach. Man hatte extra für uns die Saison eher beginnen lassen und das Hotel schon im März geöffnet. Ein Hotel mit Flair und 500jähriger Tradition! Elke und Gernot Scherschlicht, die wir irgendwann mal auf einer Weltreise kennen gelernt hatten, und die dort das Hotel betreiben, servierten und kochten für uns sogar persönlich.

Klaas den Braven aus den Niederlanden, einer der bekanntesten Persönlichkeiten in der internationalen Gefahrgutbinnenschifffahrt, würdigte meine Tätigkeit als Mitglied der Arbeitsgruppe “Transport gefährlicher Güter” und als Vorsitzender der letzten Jahre. Wir hatten, so Klaas den Braven, doch einiges geschafft, um den höchsten Sicherheitsstandard aller Binnenschifffahrtsstraßen in der Welt auf dem Rhein zu erreichen. Recht hatte er! Dieter Hempel, der jahrelang in Freiberg (Sachsen) im Bergbau als Wissenschaftler tätig gewesen war und sich mittlerweile in seinen wissenschaftlichen Aktivitäten auf den Explosionsschutz der Binnenschifffahrt umgestellt hatte, sang für mich das Lied der Freiberger Bergleute und ich bekam von ihm einen “Arschlappen”, mit dem die Bergleute sich früher den Po bei ihren schwierigen Arbeiten geschützt hatten. Selbstverständlich musste der Lappen signiert werden, während ich ihn in gebückter Haltung trug.

Am nächsten Tag dann noch Verabschiedung durch die Internationale Arbeitsgemeinschaft Rheinschiffahrt e. V., deren “Gegenspieler” ich praktisch als Vorsitzender der Arbeitsgruppe war. Aber Klaus Schmitt, derzeitiger Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Binnenschiffer, meinte, dass wir uns trotzdem gut verstanden hätten, weil wir “ehrlich” miteinander und gegeneinander gefochten hätten.

Neben kleineren Abschiedsfeiern, beispielsweise in der Arbeitsgruppe der Regierungssachverständigen für radioaktive Stoffe bei der Europäischen Kommission, der Arbeitsgruppe RAM 4 usw. war dann der letzte große Tag am 30. März 2001. Etwa 250 Gäste waren gekommen, so dass der warme Leberkäse mit den Käsebrötchen nicht ausreichte. Was noch am Ende der Feier vorhanden war, war Fassbier!

Aber das wichtigste war wohl, dass ich zunächst selbst die Gelegenheit hatte, über einiges aus meiner Dienstzeit zu berichten. Übrigens waren auch anwesend meine liebe Geschi (das ist meine liebe Frau), meine 4 Töchter, mein Schwiegersohn sowie 2 meiner Enkel.

In meiner Abschiedsrede wies ich nochmal auf die Bedeutung der Gefahrgutvorschriften hin, dass sie praxisorientiert gestaltet werden sollten und natürlich auch dass die Überwachung “schutzzielorientiert” zu erfolgen hat. Statistisch fasste ich zusammen, dass ich wohl mehr als 3 Jahre in ausländischen Hotels übernachtet habe. Natürlich war es mir auch dabei vergönnt, einen großen Teil der Welt kennen zu lernen. Für meine liebe Geschi beginnt nun eine “bügelfreie” Zeit, so führte ich aus, weil das sonntägliche Kofferpacken mit Bügeln der Hemden sicher nicht mehr erforderlich ist.

Die Worte meines Unterabteilungsleiters Dr. Borkenstein waren so “schön”, dass ich wohl nach den neuen “Beurteilungsrichtlinien” für Bundesbeamte gut dabei weggekommen wäre!

 

 

... noch Bilder vom Abschied...

 

Es war ein sehr sehr schöner Tag für mich! Aber wer mich kennt, der weiß, dass mein “Ruhestand” sicher ein “Unruhestand” werden wird!